Woran Du erkennst ob ein Krankenhaus stillfreundlich ist

24. März 2018

veröffentlicht von: Andrea Böttcher,

Kinderkrankenschwester

Fachkraft für Stillförderung, Laktationsberaterin, Stillbeauftragte für die Klinik

Referentin für Stillen und Säuglingsnahrung

Die meisten Geburten in Deutschland finden in einem Krankenhaus statt. Hier verbringen die neuen Erdenbürger meist die ersten 2-3 Lebenstage mit ihrer Mutter. Hier erfolgt die erste Anleitung zur Pflege des Kindes und in der Regel machen Mutter und Kind hier die ersten praktischen Erfahrungen mit dem Stillen.

 

Aber klappt das immer alles? Leider nein. Die Spanne zwischen der Qualität der Krankenhäuser in Bezug auf die Stillförderung und die Stillberatung ist sehr groß.

Es gibt spezielle als babyfreundlich zertifizierte Kliniken die einen großen Wert auf Stillförderung und Stillberatung legen. Andere Häuser dagegen weisen kaum aktive Stillförderung auf. Pflege- und Handlungsstandards zur Stillförderung und Stillberatung gibt es nicht in allen Häusern und wenn es sie gibt, werden sie nicht immer auch umgesetzt. Personal- und Zeitmangel sind meist eine große Problematik.

 

Aber es gibt auch die Kliniken, die keine oder nur wenig Still-Standards haben, die nicht offiziell babyfreundlich zertifiziert sind und trotzdem eine super kompetente und engagierte Stillberatung machen.

 

Entscheidend ist immer der Faktor Mensch! Es nützt kein Zertifikat, wenn das Personal nicht dahinter steht und das Stillen und die Beratung lebt.  Stillberatung ist eine sehr persönliche, Intime und individuelle Angelegenheit. Stillberatung ist Hilfe zur Selbsthilfe!

 

Wie kannst Du als Mutter oder Vater erkennen ob eine gute Stillberatung/Stillförderung erfolgt?

 

  • Das Zertifikat "babyfreundliche Geburtsklinik", "babyfreundliche Kinderklinik" garantiert u.a. geschultes Personal und ist eine gute Voraussetzung, aber nicht alles!
  • Das Personal ist immer gut über Deine aktuelle Situation informiert. Kollegen bauen in der Beratung aufeinander auf.
  • Es kommt nicht zu Situationen wo Personal unterschiedliche Aussagen treffen, es sei denn, die Situation hat sich geändert und die Maßnahme muss angepasst werden. Dann aber bitte mit einer Begründung für Dich.
  • Die beste Stillberaterin erklärt Dir alles so, dass Du es selbst umsetzen kannst.
  • passive Beratung: Du und Dein Kind legen gemeinsam an, das Personal lässt die Hände weg! Dir wird Dein Kind nur in Ausnahmefällen direkt angelegt, z.B.: wenn ein Handycap besteht.

 

  • Stillberatung beginnt in der Schwangerschaft! Sollte eine Schwangere in der Klinik liegen müssen, kommt die Stillberatung auch zu ihr und klärt ob Fragen da sind.
  • Du findest in der Klinik bereits Infos zu örtlichen Stillgruppen, ggf. hat die Klinik selbst eine Gruppe.
  • Das gesamte Personal ist geschult (Schwestern, Pfleger, Hebammen, Schülerinnen, Praktikanten, Ärzte und ja auch die Putzfrau sollte eingebunden sein, das Stillen zu fördern und dann halt später in deinem Zimmer zu putzen!)
  • Wenn eine Zufütterung medizinisch notwendig ist, bekommst du ausführliche Informationen: Warum muss gefüttert werden?, Was kann gefüttert werden?, Wie kann es gefüttert werden?,
  • Alternative Fütterungsmethoden zur Flasche sind vorhanden und werden mit Dir bei Bedarf besprochen.

 

  • Stillen nach Bedarf wird gefördert.
  • Keine künstlichen Sauger für gestillte Kinder, es sei denn, die Eltern möchten es (nach erfolgter Information über die möglichen Auswirkungen bzgl. des Saugmusters des Kindes)
  • 24Std. Rooming-In und langes Bonding werden ermöglicht, auch direkt nach Geburt (auch im Kaiserschnitt-OP: wenn es der Zustand von Mutter und Kind zulassen)
  • Ihr erhaltet keine "Werbegeschenke" mit Proben oder Informationen von Firmen die Säuglingsnahrung oder Flaschen, Sauger etc. vertreiben. Es befindet sich auch nichts  auf Station.
  • Stillhilfsmittel, wie Brusthütchen, werden nur nach strenger Indikation eingesetzt. Du wirst ausführlich über Sinn, Zweck und Umgang mit dem Hilfsmittel informiert. Stillhilfsmittel werden nur kurzfristig eingesetzt und nicht als Ersatz einer Stillberatung!

 

  • Pflege- und Stationsabläufe werden nach Möglichkeit individuell auf Euch als Stillpaar abgestimmt.
  • Bei einer Verlegung des Kindes wird eine Mitverlegung der Mutter bzw. die Entlassung der Mutter angestrebt.
  • Bei gestillten Kindern erfolgt die Mitaufnahme der Mutter auf Station bzw. Mutter-Kind-Haus.
  • Frühchen-Eltern wird ein ausgiebiges "Känguruhen" ermöglicht, intensive Stillberatung betrieben und besonders über das Abpumpen, Umgang mit Muttermilch und die Milchmengensteigerung informiert.
  • Stillberatung wird immer individuell gesehen und nicht nach allgemeinen Lösungen für allgemeine Probleme gesucht.
  • Kulturelle und persönliche Besonderheiten im Wochenbett und der Stillzeit werden respektiert!

Auch ein Abstillwunsch wird zu jeder Zeit akzeptiert und respektiert! Es wird über verschiedene Abstillmöglichkeiten (medikamentös und konventionell) umfassend und nicht wertend informiert. Auch erfolgt dann eine gute Beratung über Säuglingsnahrung.

 

Du siehst, die Liste ist recht lang. Und das alles sind "nur" Faktoren an denen Ihr selbst eine gute Stillberatung erkennen kannst.

 

Frage einmal in Deinem Umfeld nach, schaue Dir verschiedene Krankenhäuser an und vergleiche kritisch die Punkte die Euch wichtig sind. Ihr könnt auch einfach bei einer Kreisssaalführung (Kreisssaalführungen gehen auch über die Station) einige Punkte abfragen.

 

Angehängt habe ich Euch unten noch einen Link zur "Initiative babyfreundlich":

https://www.babyfreundlich.org/eltern.html

 

                                                Liebe Grüße und bis bald,

 

                                                                               

 

Copyright © 2018 Andrea Böttcher


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