Autsch - mein Kind beißt

18. März 2019

veröffentlicht von: Andrea Böttcher,

Kinderkrankenschwester

Fachkraft für Stillförderung, Laktationsberaterin, Stillbeauftragte für die Klinik

Referentin für Stillen und Säuglingsnahrung

Schlafberaterin 1001 Kindernacht

Stillen ist ein besonderer Moment, mit ganz viel Gefühl. Allerdings kann jede Mutter auf  das Gefühl eines beißenden Kindes sehr gut verzichten. Beißen tut weh, egal ob mit oder ohne Zähne. Die Kraft, die selbst ein Neugeborenes mit seinem Kiefer bereits ausüben kann, ist enorm.

 

Aber warum beißen Kinder überhaupt? Grundsätzlich kann jedes Kind beißen, wichtig ist dabei zu schauen wo die Ursachen liegen. Denn Kinder die beißen trinken nicht.

 

Ein Kind muss eigentlich die Brust korrekt erfassen um sie effektiv zu entleeren. Das bedeutet, es muss mit weitgeöffnetem Mund viel Brustgewebe einsaugen. Die Zunge spielt dabei eine sehr wichtige Rolle. Zum einen ist Ihre Funktion wichtig, um die Brust "auszumelken" in einer Art Wellenbewegung, zum anderen schützt die Zunge die Brustwarze vor zuviel Druck. Bei richtiger Zungenfunktion wird die Zunge weit herausgestreckt und liegt über der Zahnleiste und umschließt die Brustwarze.

 

Liegt die Zunge also richtig im Mund, würde sich das Kind selbst auf die Zunge beißen.

 

Wenn ein Kind also nicht effektiv saugt, haben viele Frauen auch Probleme mit schmerzenden Brustwarzen, was einfach auch auf den Druck zurückzuführen ist, der ohne Schutz der Zunge auf dem Brustgewebe liegt.

 

Man sollte also unterscheiden wie alt das Kind ist:

 

Neugeborene und kleine Säuglinge:

 

Es gibt Kinder die nach einer schweren und interventionsreichen Geburt (ggf. auch mit Sectio, Zange, Saugglocke etc.) unter Verspannungen und Blockaden im Nacken- und Kieferbereich leiden. Diese Babys haben dann oftmals Probleme den Mund weit zu öffnen und klemmen die Brust regelrecht zwischen den Kauleisten ein.

 

Andere Kinder haben Probleme durch eine Funktionseinschränkung der Zunge oder der Lippen. Die sogenannten problematischen Lippen- bzw. Zungenbändchen behindern ein physiologisches Saugmuster und können ebenfalls die Ursache von Verspannungen und Blockaden sein.

 

Das Problem ist allerdings nicht nur das Beißen oder Klemmen an sich, sondern auch die Folgen die resultieren können: schmerzende, wunde und verletzte Brustwarzen, dadurch schlechterer Milchfluss und ggf. Bildung einer Eintrittspforte für Keime (Mastitisgefahr). Wenn die Milch schlecht fließt kommt es zu einer weiteren unzureichenden Entleerung der Brust und damit auch zu einem möglichen Milchstau mit einem Rückgang der Milchmenge. Egal ob das Kind die Brust nicht effektiv entleeren kann oder ob die Milchmenge zurückgeht (das eine bedingt hier zusätzlich auch das andere), irgendwann kommt es zu einer Verschlechterung der Gewichtsentwicklung und im schlimmsten Fall zu einer Gedeihstörung.

 

In solchen Fällen ist dringend eine Stillberatung erforderlich.

 

 

Beißen von  älteren Säuglingen:

 

Hier gibt es einige Ursachen zu differenzieren:

 

Einfluss von Fremdsaugern:

Hat ein Kind den Kontakt mit Schnuller, Flaschensaugern, Brusthütchen, Finger etc. erhalten, kann es sein, das es versucht an der Brust genauso zu saugen wie an dem Fremdsauger. Das Saugmuster unterscheidet sich dabei aber wesentlich von dem an der Brust.

 

Lösungsmöglichkeit kann hier das vollständige Entfernen der Fremdsauger sein, ggf. durch ein Ersetzen von stillfreundlichen Zufütterungmethoden.

 

 

Zahnen und Infekte:

Alle Kinder zahnen irgendwann, die einen früher, die anderen später. Manchen Kindern merkt man es nicht an, andere leiden regelrecht. Was alle Kinder dabei tun: sie kauen auf allem herum und dann leiden natürlich auch die Brustwarzen. Wenn Du Dir nicht sicher bist, ob dein Kind wirklich zahnt, dann beobachte es genau. Denn auch Infektionen der Ohren oder dem Hals verleiten Kinder gerne zum "kauen".

 

Ohrenprobleme bemerkst Du recht schnell, wenn Dein Kind in  der horizontalen Position sehr unruhig wird und schreit, in der aufrechten Position aber direkt wieder zufrieden ist. Das liegt einfach an den Druckverhältnissen im Ohr.

 

 

Milchfluss und Milchspendereflex:

Das Baby versucht durch das Zusammenklemmen den Milchfluss zu regulieren oder auch einen starken Milchspendereflex zu mildern. Auch hierzu gibt es Möglichkeiten, z.B. durch eine Veränderung der Stillposition den Milchspendereflex bzw. den Milchfluss zu regulieren. Oder auch einen schlechten Milchfluss zu verbessern und die Frustration der Kinder zu beseitigen.

 

 

Achtsame Kommunikation:

Nicht immer klappt die Kommunikation zwischen Mutter und Kind reibungslos. Auch das erkennen der Bedürfnisse muss erst erlernt werden und auch ein Kind muss seine eigenen Bedürfnisse erst einmal erkennen und äußern. Hier kommt es dann sehr häufig einfach zu "Kommunikationsproblemen". Wir Erwachsene brauchen Worte um genau zu verstehen, unsere Kinder kommunizieren aber non-verbal. Hier kann es helfen einfach mal genau zu beobachten, wann das Kind welche Signale aussendet.

 

Beißen kann aber auch eine Form der Kommunikation sein. Oftmals tritt es bei Spannungen im Bereich der Familie und Veränderungen der Betreuungssituation auf. Aber auch bei Langeweile und um die Reaktionen auszutesten kann beißen erfolgen.

 

Je älter die Kinder werden desto mehr interessieren sie sich natürlich auch für Ihre Umgebung. Dann kann es sinnvoll sein eine zeitweise möglichst reizarme Umgebung zu schaffen während des Stillens. Denn ein Kind, dass mit der Brust im Mund den Kopf zur Seite dreht, ist nicht der Traum einer stillenden Mutter.

 

 

Beißen beim Einschlafen:

Es gibt Kinder, die  beim Einschlafen die Kiefer zusammenpressen, ähnlich dem Zähneknirschen bei Erwachsenen. In solch einem Fall gilt es das Kind genau zu beobachten. Der Unterkiefer der Kinder zittert dann meist kurz bevor sie kneifen bzw. beißen. In diesem Augenblick kannst Du direkt den kleinen Finger zwischen die Zahnleisten legen und den Druck so abfangen.

 

 

Fazit:

Keine Mutter muss das beißen des Kindes aushalten. Natürlich kann sich ein Kind auch erschrecken, wenn Du dann einmal aufschreist. Aber Du musst Dich dann nicht "schuldig" fühlen.  Es tut einfach weh.

 

Nicht immer wird man eine Ursache ausmachen können, wichtig ist aber das Du Dir Unterstützung suchst und erst einmal nach Gründen geschaut wird.

 

Gerade bei älteren Kindern haben Mütter oft das Gefühl: "Mein Kind macht das mit Absicht und grinst auch noch dabei!" - Je nach Alter der Kinder kann es Dein Kind aber nicht aus Absicht machen, um Dir weh zu tun. Die Hirnreife haben die Kinder in den ersten beiden Lebensjahren nicht. Es ist hier eher ein Entwicklungsschritt: Du reagierst und Dein Kind versucht zu ergründen warum und wie, was für Emotionen und was für Begriffe dahinterstehen.

 

Mein Tipp: Versuche also immer gleich zu reagieren. Klares und deutliches Nein und dabei aus der Situation gehen: bedeutet Brust aus dem Mund. Natürlich darfst du nach einigen Augenblicken auch weiterstillen wenn Dein Kind hungrig ist.

Sag Deinem Kind mit wenigen Worten wie Du empfindest

 

Wenn es zu einer Verletzung gekommen ist, kann Dir das Handout von Elacta: "Wunde Mamillen richtig versorgen" sicherlich helfen.

 

Gerne stehe ich hier aber auch für alle Fragen zur Verfügung.

 

                                                                 

                                                             Liebe Grüße und bis bald,

                        

                                                                                               

 

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