Muttermilchspende

07. April  2019

veröffentlicht von: Andrea Böttcher,

Kinderkrankenschwester

Fachkraft für Stillförderung, Laktationsberaterin, Stillbeauftragte für die Klinik

Referentin für Stillen und Säuglingsnahrung

Schlafberaterin 1001 Kindernacht

Deutschland kann auf eine lange Tradition von Frauenmilchbanken zurückschauen. Bereits 1919 entstand in Magdeburg die erste Frauenmilchsammelstelle. Leider ist die Unterhaltung der Milchbanken bis heute finanziell nur schwer möglich, denn sie werden in Eigeninitiative der Krankenhäuser geführt und oft durch Spenden mitfinanziert. Eine Beteiligung der Krankenkassen gibt es bislang nicht.

 

Im Jahre 1964  gab es in der BRD 26 und in der DDR 73 Frauenmilchbanken. Seit den frühen 1980er Jahren wurden Muttermilchbanken weltweit immer weniger. Grund war die zunehmende Qualität der Säuglingsnahrung, aber auch das zunehmende Wissen, das auch Krankheiten wie HIV über die Muttermilch übertragbar sind.

 

Des Weiteren führte eine Zunahme der Erhaltungskosten und des Verwaltungsaufwandes, sowie veränderte Stillgewohnheiten dazu, dass von den 99 deutschen Muttermilchbanken im Jahr 1964  nur noch 60 Muttermilchbanken im Jahr 1989 übrigblieben. Allesamt in den neuen Bundesländern. Die Zahl sank dann kontinuierlich, bis auf unter 10 im Jahre 2006, ab.

 

Glücklicherweise erlebt die Frauenmilchbank mittlerweile eine Renaissance. Das Bewusstsein dafür, wie wichtig Muttermilch für Kinder und besonders für Frühgeborene ist, wächst unaufhaltsam weiter.

 

Aktuell gibt es  in Deutschland wieder 25 aktive Frauenmilchbanken, Tendenz steigend. Allerdings sind die Kriterien für spendewilligen Frauen sehr  unterschiedlich.

 

Derzeit befinden sich Frauenmilchsammelstellen in folgenden Städten:

  • Augsburg
  • Berlin
  • Chemnitz
  • Cottbus
  • Dortmund
  • Dresden
  • Eisenach
  • Erfurt
  • Frankfurt/Oder
  • Freiburg
  • Greifswald
  • Görlitz
  • Halle/Saale
  • Hamburg-Eppendorf
  • Hannover
  • Leipzig
  • Jena
  • Magdeburg
  • München (Großhadern)
  • Neubrandenburg
  • Passau
  • Vechta
  • Hannover, Auf der Bult
  • Potsdam
  • Wolfsburg

(Eine genaue Auflistung der Spendekriterien in den einzelnen Kliniken folgt)

 

Muttermilch gilt auch als weißes Gold, denn es ist für Frühchen und Neugeborene extrem wertvoll, aber es wird auf privaten Muttermilchbörsen im Internet auch Geld damit gemacht. 1 Liter Muttermilch bringt mittlerweile teilweise schon 50 Euro! Daher erhöht sich auch die Gefahr, das Muttermilch gepanscht wird.

 

Jede Frauenmilchbank untersucht daher gespendete Milch mirkobiologisch, auch darauf, ob es ich wirklich um Humanmilch handelt. Immer wieder kam es zu Fällen, in denen Muttermilch durch Tiermilch und andere Substanzen gestreckt wird. Besonders für Frühchen und kranke Neugeborene kann dieser Umstand unerkannt lebensgefährlich werden.

 

Generell muss man natürlich folgendes Sagen: Muttermilch ist die physiologische Nahrung für ein Baby und besonders für Früh- und kranke Neugeborene unheimlich wichtig.

 

Als "Rangliste" steht daher folgendes:

  1. Stillen
  2. Muttermilch abpumpen
  3. Spendermilch
  4. Formularnahrung

Natürlich gehört gespendete Frauenmilch in der "Rangfolge" der Säuglingsernährung noch vor der Formularnahrung. ABER: privat gespendetet Milch wird nicht untersucht. Es erfolgt keine Anamnese und in den meisten Fällen kennen sich Spenderin und die Familie nicht mal. Daher raten die Kinder- und Jugendärzte auch ganz klar von solchen privaten oder online Börsen im Internet ab, die Gefahren für das Kind sind einfach zu groß.

 

Muttermilch sollte daher nur an eine offizielle Muttermilchbank abgegeben oder von einer solchen angenommen werden. Hier gelten spezielle Kriterien zur Sicherstellung der Qualität und der Hygiene.

 

Natürlich gibt es auch Situationen in denen eine Spende innerhalb der Familie oder im Freundeskreis sinnvoll oder nötig sein kann. Der Unterschied ist: man kennt sich und die Lebensumstände genau. Anamnese und Blutentnahme kann bei Bedarf, in Absprache mit Ärzten erfolgen und die Muttermilch kann hygienisch einwandfrei gepumpt, gelagert und transportiert werden.

 

Generell muss man natürlich folgendes Sagen: Muttermilch ist die physiologische Nahrung für ein Baby und besonders für Früh- und kranke Neugeborene unheimlich wichtig. Besonders für Frühchen muss die Muttermilch sogar noch einmal angereichert werden, um den sehr hohen Bedarf, besonders an Eiweiß für die Hirnentwicklung zu decken.

Hierbei möchte ich sagen: das die Muttermilch dabei keine "unzureichende Qualität" hat, für ein Frühchen, sondern das der Bedarf der Kinder einfach so hoch ist, das die Muttermilch ihn meist nicht alleine decken kann. Frühchen haben immer früher echte Überlebenschancen, dank der modernen Medizin. Die Natur hat es aber nicht vorgesehen das Kinder teilweise sogar 16 oder 18 Schwangerschaftswochen zu früh geboren werden und überleben. Da Frühchen in diesem Alter nur selten bereits gestillt werden können, die Hirnentwicklung aber zum Überleben sehr schnell voranschreiten muss, ist es umso wichtiger das es Muttermilchbanken gibt, die hier einfach Frauenmilch zur Verfügung stellen können.  Die Ernährung mit Muttermilch bzw. Frauenmilch schützt besonders Frühgeborene vor schwersten Erkrankungen.

 

Meine Bitte an Euch: Wer im Einzugsbereich einer Frauenmilchbank lebt und genug Muttermilch zur Spenden zur Verfügung hat, meldet Euch und informiert Euch über die aktuellen Spende-Kriterien in der entsprechenden Klinik. Ihr habt die Möglichkeit einem Frühchen zu einer gesunden Entwicklung zu verhelfen.

 

Und einen besonderen Gedanken an alle Mütter von Sternenkindern - auch Ihr habt die Möglichkeit Muttermilch zu spenden. Eine Muttermilchspende kann hier auch ein sehr wirksamer und hilfreicher Teil der Trauerarbeit sein. Die "Brust weint" und jeder Tropfen tut der Mutter gut und kann einem anderen Kind beim Überleben helfen. Hinzu kommt das sich die Hormone langsamer umstellen, ein plötzliches Abstillen mit Medikamenten kann sehr belastend sein. Der hormonelle Abfall belastet den Körper und viele Frauen reagieren mit depressiven Neigungen, was nach dem Verlust eines Kindes eine zusätzliche Problematik darstellt.

 

                                                                    Grüße und bis bald,

                        

                                                                                               

 

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